Das Glück und ein Fahrrad.

Mein Geist war aufgewühlt, überfüllt, gespannt, gesättigt, entsetzt. Jetzt ist er Ruhe, ist Entspannung, ist plätscherndes Wasser. Welle für Welle. Gedanke für Gedanke.

Wie man leben lernt?

Setzte dich auf ein Fahrrad, schalte den Gang herunter, so das die körperliche Anstrengung dich kaum aufhält. Nun denn, fahre langsam, schließe die Augen, spüre den Wind um deine Ohren zischen. Höre die Melodie der Speichen klappern, die Vögel murmeln. Die Menschen sind nicht mehr in deiner Welt. Es gibt hier nur dich. Dich und die Sonne, dir wollend antwortend, die Ruhe dir Freiheit schenkend, dir Zeit schenkend. Das sind die Momente in denen du die Schönheit der Welt sehen kannst, nur kurz, dich in voller Fülle umgebend. Und dich als Teil, als kleines Stück des großen Ganzen. Unmerklich rückt alles weg, jeder Gedanke an die letzten Tage, jeder Kuss, jede Angst. Es sind nicht mehr die deinen.

Für einen kurzen Moment bist du nur das, ein Mensch der Fahrrad fährt. Ohne Vergangenheit, ohne Zukunft. Nur für dich zuständig. Ohne Reue, ohne Verpflichtungen. In dir. 

Ein Mensch auf dem Fahrrad.

„die Poesie heilt die Wunden, die der Verstand schlägt“ (Novalis)

Das ist wohl das wunderschöne, gar unglaubliche am Schreiben. Man schreibt alles auf, seinen tiefsten Schmerz, die wahnsinnigsten Gedanken, abartige, entsetzliche Gefühlsausbrüche um alles loszuwerden, allem zu entkommen. In der Hoffnung sie mögen endlich Ordnung finden, sich endlich einfügen.

Und dann passiert etwas Wunderliches. Sobald die Worte das Papier erreichen, die Tinte aufsaugend, trocknend, erscheinen einem die größten Tragödien, der größte Schmerz, wie eine lächerliche Komödie.

Wie Narrheit, die unwissende Lehre eines Kindes. Unmerklich tritt man aus sich heraus und betrachtet sich, mit neugierigen, leicht spöttischen Blick, plötzlich unfähig. Unfähig sich ernst zu nehmen, diese erschütternden Worte für wahr zu nehmen. Als hätte man sie schon losgelassen, als würde man auf einen Traum zurückblicken, der längst vergangen, längst verblasst, Jahre zurückliegt. Und doch sind sie dein, gehören zu dir, sind dein Werk, ein Stück deiner Seele, die statt kleiner zu werden um Welten wächst. Fast so als hättest du für sie einen Platz geschaffen, als wäre endlich Raum entstanden.

Wahrlich. Das Schreiben ist wie Brahman, Gautama der dich zweifelnd anblickt, deine Mutter dich wissend umarmt, reine Erlösung, reine Einheit, reines Licht.

Der nächste Schritt

 

Ist der nächste Schritt nicht weiter zu gehen, tiefer zu gehen, um viel mehr als nur Monologe zu vermitteln, sie zu verbinden, mit der Geschichte, um mich selbst dazu zu zwingen, Worten Taten folgen zu lassen.

Vielleicht ist es das was mir so befremdlich ist, dass ein blühender, voller Geist in Relation zu einem schwachen, antriebslosen Körper gesetzt wird, sie als eins gezeigt werden müssen. Damit all die Worte wie Narrheit erscheinen, wie lose Einfälle, die realitätsfern, Illusionen bilden.

All die schönen, schlauen Gedanken, die mir die Welt erklären sind somit nichtig. Sinnlos.

Nein, niemals. Ich will mehr, muss mehr von mir verlangen, muss umsetzen, verstehen, erklären, weitergeben. Das wenigstens verlangt mein Geist – wieso ist es mir dann so befremdlich? Ist es nicht mein Ego das anerkannt werden will? Als intelligente Person die all die hübschen Ideen in ein Buch packt, damit alles sehen wie viele hübsche Gedanken sie hat.

Es ist letztendlich doch mehr, auch wenn man diese Schachfigur, diesen Teil meines Ichs, nicht verkennen sollte. Es gibt ihn.

Es ist letztendlich viel mehr. Es ist der Versuch mich selbst aufzulösen, nur im Schreiben möglich. Worte für Gedanken zu finden, nur auf dem dem Papier möglich. Sie festzuhalten, aufzunehmen, an ihnen zu feilen, nur im Schriftbild unvergessen.

 

Erkenntnis

Alsbald begriff ich was vorging.

Mit den Worten Siddharthas auf meinen Lippen, mit den Gedanken der Unendlichen in meiner Seele.Ich spürte das ziehen, spürte wie sich meine Seele zusammenfand, wollte lachen, wollte weinen. Ich war bereit zu warten.

Auf die Unendlichkeit, auf die Person, die mich, die meine Seele begriff die die Unendlichkeit genauso erkannte, dass lächelnde irrsinnige Wahre.

Als würden sich alle Schachfiguren finden. Habe Rollen durchlebt, habe gewartet. Lange genug. War die Wartende, die Alleingelassene, die die niemand liebte, habe Liebe geschenkt, sie empfangen, wurde zurückgeworfen.

Habe Angst gespürt, Angst vor der Erkenntnis, wollte fliehen, wegrennen, alles betäuben. In Alkohol, im Vergessen, im Verdrängen, im Rauchen, in fremden Betten, in fremder Liebe, fremden Gefühlen. Habe sie mir aufgezwungen, bin in Rollen geschlüpft, hab ihre Stärken gefühlt, ich Schwächen durchlebt, bin darin untergegangen. Habe auf die Erlösung gehofft, habe gebetet das sie kommen mag, mich an die Hand nehmend, mich in ihre Arme schließend. Und doch nie gefunden. Wollte fliehen, weg um nachzudenken um zu rekapitulieren, zu verarbeiten.

Was ich nie begriff ist, dass ich damit floh das ich mich damit entfernte, statt zu finden. Das ich weglief statt zu sehen Sehe jetzt. Sehe das ich noch zahlreiche Fehler begehen werde, Wut in mir finden werde, mein Ego mich erdrückend. Das ich in den Momenten verloren, mich in Menschen verloren wiederfinden werde. Dass ich zweifeln werde ob es das ist, das ich mich immer wieder aufs neue finden muss, mich, mein Ich, meine Seele das Ziel.

Was also hat sich geändert?

Es ist wohl das Bewusstsein, das Erkennen der Einheit, des Unendlichen. Selten so klar. Immerhin in seltenen Momenten. Nach dem Nächte durchtanzen. Auf dem Heimweg, wenn ein Lächeln so weit ging das es das Gesicht überschnitt. Nach dem Gefühl das Lieben möglich ist. Nach dem bewusst werden geliebt zu werden obwohl man nichts war, nichts liebenswertes tat, in den Zuständen des inneren Selbsthasses. Auch bei der Kunst, wenn alles andere Abstand gewann sich entfernte. Auch beim Schreiben, wenn das Gefühl endlich schreiben zu können wofür man vorher keine Worte fand.

Doch waren es tatsächlich nur Sekunden, nur Lichtblicke, die sich jetzt zu einem hellen Raum bildeten. Das einzige was von mir verlangt ist, eintreten.

Mich im Lichte baden, mir verzeihen, der Torheit ins Gesicht schauen, darüber lachen, sich erkennen. Ich will mit mir selbst spielen, mich Fehler begehen lassen, immer wieder. Immer wieder erkennen das sich doch alles wiederholt. Das ich doch zu mir zurückkehren kann, zu dem Kind das in der Ecke sitzend, stundenlang nachdachte. Nur verändert, gewachsen an Wissen, geschrumpft, werde manche Einsicht verlieren. Werde rückwärts gehen, werde zweifeln. Dann jedoch, die Einheit erkennen.

Mich von ihr heilen lassen, mit ihr sein, sie spüren wie sich auf der Haut prickelnd, im Geiste streichelnd, verzeiht